Yü Gung versetzt Berge
(Dieser Artikel wurde von -raven- geschrieben und erschien erstmals in der Printausgabe der NHZ Nr. 10, Juli 2005)
Es gibt eine alte chinesische Legende, die Parabel "Yü Gung versetzt Berge". Darin wird erzählt, daß in alten Zeiten im Norden Chinas ein Greis aus den Nördlichen Bergen namens Yü Gung ("Närrischer Greis") lebte. Den Weg, der von seiner Haustür nach Süden führte, versperrten zwei große Berge: der Taihang und der Wangwu. Yü Gung faßte den Entschluß, gemeinsam mit seinen Söhnen diese Berge mit Hacken abzutragen. Ein anderer Greis namens Dschi Sou ("Weiser Alter") lachte, als er sie sah, und meinte: "Ihr treibt aber wirklich Unfug; ihr paar Leute könnt doch unmöglich zwei solche riesigen Berge abtragen!" Yü Gung antwortete ihm: "Sterbe ich, so bleiben meine Kinder; sterben die Kinder, so bleiben die Enkelkinder, und so werden sich die Generationen in einer endlosen Reihe ablösen. Diese Berge sind zwar hoch, aber sie können nicht mehr höher werden; um das, was wir abtragen, werden sie niedriger: Warum sollten wir sie da nicht abtragen können?" Nachdem Yü Gung mit diesen Worten die falsche Auffassung Dschi Sous widerlegt hatte, machte er sich daran - ohne auch nur im geringsten zu schwanken -, Tag für Tag die Berge abzutragen. Das rührte die Götter, und sie schickten zwei ihrer Boten auf die Erde, die beide Berge auf dem Rücken davontrugen.
Es gibt auch noch folgende Variante dieser alten Legende: Als die Götter von den Wolken herunter blickten und Yü Gung mit seinen Söhnen am Werken sahen, da erschraken sie furchtbar und flüsterten sich gegenseitig zu: „Dieser alte närrische Greis, wenn er so weitermacht, dann wird er es noch bewirken, dass ganze Generationen sich zusammenschließen, um das Werk zu vollbringen, mit ihrer eigenen Hände Kraft und mit der Kraft ihres unbändigen Willens. Was wird dann aber aus uns Göttern, wenn die Menschen, vom Beispiel Yü Gungs angespornt, auf ihre eigene Kraft vertrauen? Wer wird uns Götter dann noch verehren? Laßt uns geschwind diese beiden Berge aus dem Weg räumen, damit dieser Yü Gung seinen Willen hat. Dann werden die Menschen uns als die Vollbringer des Werkes ansehen und uns weiterhin verehren…“
Und sie schickten, wie oben, ihre Geister und Helfer aus und räumten die Berge beiseite.
Es wähle jeder selbst, welche Variante ihr/ihm besser gefällt. Die Legende ist im chinesischen Kulturkreis uralt und wurde immer wieder in neuen Varianten weitererzählt.
Selbst Mao Tse Tung griff auf diesen Klassiker zurück und setzte die abzutragenden Berge mit Feudalismus und Imperialismus gleich, während die Götter bei ihm für das Volk und Yü Gungs Sippe für die revolutionäre Partei stehen.
Letztlich geht es natürlich um das Lob der Beharrlichkeit und der Willenskraft. Für uns soll diese Geschichte unsere Beharrlichkeit symbolisieren, am Werk Nemetien weiterzuarbeiten.
Wie jede Vision, die ihrer Zeit voraus ist, bekam und bekommt auch das Projekt Nemetien immer wieder ordentlich Gegenwind von Menschen, die an der vorgegebenen Realität kleben.
Wir glauben jedoch an die Möglichkeit, die Realität zu verändern, und es nicht nur in ihr einzurichten. Natürlich werden die Berge, die wir Spätkapitalismus, Zwangshierarchien, Entsolidarisierung, Umwelt¬zerstörung, Marktglobalisierung, Spät¬imperialis¬mus nennen können, am besten durch möglichst viele Menschen abgebaut. Dazu müssen aber einige wenige erst einmal damit anfangen, und sie müssen durch ihre Konsequenz und Beharrlichkeit ein Beispiel geben für die vielen Zögerlichen und Indifferenten, die zwar eine verschwommene Sehnsucht auf das Land hinter den Bergen haben, aber entweder nicht wissen, wie es zu erreichen, oder die die Mühen scheuen, die Berge Stein um Stein abzutragen.
Nemetien ist das Projekt eines regionalen Modells einer lebenswerten Zukunftsgesellschaft. Es ist insofern auch nur ein begrenzter, regionaler Teil einer großen, weltweiten Berge-Abtragen-Arbeit. Aber es ist ein überschaubarer Teil, sinnlich erfahrbar und visionierbar, und gewiß auch realisierbar.
Realisierbar?
Aber gewiß doch, wir müssen nur unentwegt das einmal mit aller Willenkraft und in Einklang mit uns selbst gefaßte Vorhaben mit Beharrlichkeit weiterverfolgen, und die Götter (was immer wir in ihnen sehen) werden uns zu Hilfe kommen. Wir Nemeter sind Yü Gung, und wir werden Berge versetzen.
(raven)
Es gibt eine alte chinesische Legende, die Parabel "Yü Gung versetzt Berge". Darin wird erzählt, daß in alten Zeiten im Norden Chinas ein Greis aus den Nördlichen Bergen namens Yü Gung ("Närrischer Greis") lebte. Den Weg, der von seiner Haustür nach Süden führte, versperrten zwei große Berge: der Taihang und der Wangwu. Yü Gung faßte den Entschluß, gemeinsam mit seinen Söhnen diese Berge mit Hacken abzutragen. Ein anderer Greis namens Dschi Sou ("Weiser Alter") lachte, als er sie sah, und meinte: "Ihr treibt aber wirklich Unfug; ihr paar Leute könnt doch unmöglich zwei solche riesigen Berge abtragen!" Yü Gung antwortete ihm: "Sterbe ich, so bleiben meine Kinder; sterben die Kinder, so bleiben die Enkelkinder, und so werden sich die Generationen in einer endlosen Reihe ablösen. Diese Berge sind zwar hoch, aber sie können nicht mehr höher werden; um das, was wir abtragen, werden sie niedriger: Warum sollten wir sie da nicht abtragen können?" Nachdem Yü Gung mit diesen Worten die falsche Auffassung Dschi Sous widerlegt hatte, machte er sich daran - ohne auch nur im geringsten zu schwanken -, Tag für Tag die Berge abzutragen. Das rührte die Götter, und sie schickten zwei ihrer Boten auf die Erde, die beide Berge auf dem Rücken davontrugen.
Es gibt auch noch folgende Variante dieser alten Legende: Als die Götter von den Wolken herunter blickten und Yü Gung mit seinen Söhnen am Werken sahen, da erschraken sie furchtbar und flüsterten sich gegenseitig zu: „Dieser alte närrische Greis, wenn er so weitermacht, dann wird er es noch bewirken, dass ganze Generationen sich zusammenschließen, um das Werk zu vollbringen, mit ihrer eigenen Hände Kraft und mit der Kraft ihres unbändigen Willens. Was wird dann aber aus uns Göttern, wenn die Menschen, vom Beispiel Yü Gungs angespornt, auf ihre eigene Kraft vertrauen? Wer wird uns Götter dann noch verehren? Laßt uns geschwind diese beiden Berge aus dem Weg räumen, damit dieser Yü Gung seinen Willen hat. Dann werden die Menschen uns als die Vollbringer des Werkes ansehen und uns weiterhin verehren…“
Und sie schickten, wie oben, ihre Geister und Helfer aus und räumten die Berge beiseite.
Es wähle jeder selbst, welche Variante ihr/ihm besser gefällt. Die Legende ist im chinesischen Kulturkreis uralt und wurde immer wieder in neuen Varianten weitererzählt.
Selbst Mao Tse Tung griff auf diesen Klassiker zurück und setzte die abzutragenden Berge mit Feudalismus und Imperialismus gleich, während die Götter bei ihm für das Volk und Yü Gungs Sippe für die revolutionäre Partei stehen.
Letztlich geht es natürlich um das Lob der Beharrlichkeit und der Willenskraft. Für uns soll diese Geschichte unsere Beharrlichkeit symbolisieren, am Werk Nemetien weiterzuarbeiten.
Wie jede Vision, die ihrer Zeit voraus ist, bekam und bekommt auch das Projekt Nemetien immer wieder ordentlich Gegenwind von Menschen, die an der vorgegebenen Realität kleben.
Wir glauben jedoch an die Möglichkeit, die Realität zu verändern, und es nicht nur in ihr einzurichten. Natürlich werden die Berge, die wir Spätkapitalismus, Zwangshierarchien, Entsolidarisierung, Umwelt¬zerstörung, Marktglobalisierung, Spät¬imperialis¬mus nennen können, am besten durch möglichst viele Menschen abgebaut. Dazu müssen aber einige wenige erst einmal damit anfangen, und sie müssen durch ihre Konsequenz und Beharrlichkeit ein Beispiel geben für die vielen Zögerlichen und Indifferenten, die zwar eine verschwommene Sehnsucht auf das Land hinter den Bergen haben, aber entweder nicht wissen, wie es zu erreichen, oder die die Mühen scheuen, die Berge Stein um Stein abzutragen.
Nemetien ist das Projekt eines regionalen Modells einer lebenswerten Zukunftsgesellschaft. Es ist insofern auch nur ein begrenzter, regionaler Teil einer großen, weltweiten Berge-Abtragen-Arbeit. Aber es ist ein überschaubarer Teil, sinnlich erfahrbar und visionierbar, und gewiß auch realisierbar.
Realisierbar?
Aber gewiß doch, wir müssen nur unentwegt das einmal mit aller Willenkraft und in Einklang mit uns selbst gefaßte Vorhaben mit Beharrlichkeit weiterverfolgen, und die Götter (was immer wir in ihnen sehen) werden uns zu Hilfe kommen. Wir Nemeter sind Yü Gung, und wir werden Berge versetzen.
(raven)
nemetico - 7. Jun, 01:45
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